Forschungs- und Innovationsprojekt
Emissionsarme Gülleapplikationstechnik im Grünland - Exaktversuche mit Praxistechnik in nordbayerischen Trockenlagen
Ziel des Forschungsprojekts war es, praxistaugliche Ergebnisse zur emissionsarmen Gülleausbringung insbesondere bei niederschlagsärmeren Bedingungen, zu gewinnen. Mit Hilfe der gewonnenen Ergebnisse sollten Antworten auf offene Fragen und auf die in der Praxis häufig geäußerten Unsicherheiten und Bedenken gegenüber den bodennahen Ausbringtechniken gefunden werden. In Exaktversuchen wurden die verschieden Gülleapplikationstechniken (Praxistechnik) zum einen hinsichtlich ihrer N-Effizienz geprüft und zum anderen wurden Untersuchungen zur Narbenschädigung und der Futterverschmutzung durchgeführt. Über den reinen Technikvergleich hinaus wurden weitere praxisrelevante mögliche Einflussgrößen, wie der Zeitpunkt der Güllegabe bei Schleppschuh und Injektion, der Trockensubstanzgehalt der Gülle, die Injektionstiefe und die Anzahl und die Verteilung der Jahresgaben untersucht.
Hintergrund
Ammoniakemissionen tragen zur Eutrophierung von Ökosystemen bei, wirken klimarelevant und haben negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Sie sind daher so weit wie möglich zu reduzieren. Hierbei kommt der Wahl der Ausbringtechnik von flüssigem Wirtschaftsdünger (z.B. Gülle) eine große Bedeutung zu. Emissionsmindernde Techniken (Schleppschlauch, Schleppschuh, Injektion) können Ammoniakverluste stark gegenüber der bislang in der bayerischen Landwirtschaft weit verbreiteten Breitverteilungstechnik reduzieren.
Die Gesetzgebung im Düngerecht trägt diesen Anforderungen bereits Rechnung. Seit dem 1. Februar 2025 hat die Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern auf Grünland und Flächen des mehrschnittigen Feldfutterbaus generell bodennah und streifenförmig zu erfolgen.
Material und Methoden
Feldversuche
An drei nordbayerischen, für bayerische Verhältnisse trockenen und warmen Standorten (540 bis 620 mm mittlerer jährlicher Niederschlag und 10,2 bis 10,9 Grad Celsius mittlere Jahrestemperatur im Versuchszeitraum) wurden auf Dauergrünlandflächen mehrjährige Exaktversuche angelegt. Die ortsfesten Versuche mit jeweils 4 Wiederholungen wurden mit Rindergülle gedüngt und jährlich 3- bis 4-mal geerntet. Der Versuchsaufbau war aufgrund logistischer Zwänge und unterschiedlicher Standortbedingungen an den Standorten unterschiedlich.
Gülledüngung
Der mittlere Trockensubstanzgehalt der in den Versuchen eingesetzten Rindergülle lag bei 5,8 %. Sämtliche Güllegaben innerhalb eines Versuchsjahres wurden mit derselben Gülle durchgeführt. Dies ermöglichte eine Versuchsdurchführung mit annährend identischen Gülleinhaltsstoffen zu allen Düngeterminen während eines Versuchsjahres.
Die Durchführung der flüssigen organischen Düngung erfolgte mit einem Trägerfahrzeug mit aufgebautem Gülletank, an dessen Heck mittels Dreipunkthydraulik die verschiedenen Ausbringtechniken (Praxistechnik) angebaut wurden. Neben den Breitverteilungsverfahren Prallteller und Schwenkverteiler wurden in den Versuchen streifenförmige bodennahe Ausbringtechniken getestet. Das Schleppschuhverfahren wurde sowohl "klassisch“ mit Bodenkontakt als auch leicht angehoben (ca. 10 cm über dem Boden) getestet. Dies unter anderem deshalb, da diese Art der Gülleapplikation einer Ausbringung mittels Schleppschlauch sehr nahekommen dürfte. Außerdem wurden zwei verschiedene Scheibenschlitztechniken, die sich vor allem durch die Bodenanpassung unterschieden, geprüft. Während bei einem Gerät die Anpassung mechanisch mittels Spiralfedern erfolgte, war das zweite Gerät mit einer hydraulischen Bodenanpassung, welche eine hohe Laufruhe gewährleistete, ausgestattet.
Es ist bekannt, dass die Witterungsbedingungen während und insbesondere nach der Ausbringung von organischen Düngern einen erheblichen Einfluß auf die gasförmigen Stickstoffverluste haben. Daher wurden die unterschiedlichen Applikationstechniken von Düngungstermin zu Düngungstermin immer in einer anderen Reihenfolge eingesetzt. Außerdem wurden mit Hilfe des GPS gesteuerten automatischen Lenksystems alle bodennahen Techniken von Termin zu Termin um 6 cm versetzt in den Parzellen eingesetzt. Dies um eine Ausbringung von Schlitz auf Schlitz bzw. Gülleband auf Gülleband zu vermeiden.
N-Erträge
Anders als in vielen anderen Experimenten zu diesem Themenkomplex wurden bei den im Rahmen dieses Forschungsprojekts durchgeführten Versuchen keine Gasmessungen (Ammoniak-Emissionen) durchgeführt. Aussagen zur N-Effizienz der einzelnen Varianten wurden getroffen, indem die geernteten Stickstoffmengen der jeweils in identischer Höhe gedüngten Varianten miteinander verglichen wurden. Dabei wurden die abgefahrenen Stickstoffmengen aus den Trockenmasseerträgen der einzelnen Aufwüchse sowie den jeweils dazugehörigen N-Gehalten berechnet.
Narbenschäden
Um den Einfluss der verschiedenen Versuchsvarianten hinsichtlich einer möglichen Narbenbeschädigung bewerten zu können, wurde an allen drei Standorten unmittelbar nach jedem Schnitt eine Bonitur der sichtbaren Narbenschäden durchgeführt. Dabei wurde bei jeder Parzelle die Narbenschädigung in Prozent mittels visueller Bonitur geschätzt. Vereinfacht gesagt wurde abgeschätzt, wieviel Prozent der jeweiligen Parzelle unbewachsen war.
Futterverschmutzung
Alle in den Versuchen geernteten Aufwüchse wurden hinsichtlich ihres Rohaschegehalts untersucht, da dieser in der landwirtschaftlichen Praxis häufig als Indikator für die Verschmutzung von Grüngut herangezogen wird.
Zusätzlich wurden die sichtbaren Güllereste aller organisch gedüngten Varianten am Tag der Ernte bonitiert. Mit Hilfe eines Boniturschemas wurde versucht, die eine saubere Futterwerbung beeinflussenden Parameter zu erfassen.
Anders als in den Projekten der LfL zur Grashygiene wurden weder mikrobiologische Untersuchungen noch eine Bewertung der Gärqualität des Ernteguts durchgeführt.
Informationen zum Projekt "Einflussfaktor Gülleapplikationstechnik auf die Futterhygiene ("Grashygiene")"
Ergebnisse
N-Erträge
Einfluss der Applikationstechniken
Der Jahresertrag der mit dem Prallteller gedüngten Varianten lag meist deutlich niedriger als bei den verschiedenen bodennahen Ausbringtechniken. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind diese Unterschiede auch an den einzelnen Orten statistisch absicherbar. Der Schwenkverteiler scheint hinsichtlich der N-Effizienz eine gewisse Zwischenstellung zwischen der Breitverteilung mittels Prallteller und den bodennahen Ausbringtechniken einzunehmen. Die bessere Stickstoffausnutzung der bodennahen Ausbringtechniken im Vergleich zu den Breitverteilungsvarianten liegt daran, dass die mit Gülle bedeckte Fläche verkleinert ist. Dadurch gelangt weniger Ammoniak in die Luft und mehr pflanzenverfügbarer Ammonium-Stickstoff bleibt für die Pflanzenernährung zur Verfügung. Insgesamt zeigen die Ergebnisse klar die Vorzüglichkeit der bodennahen Ausbringtechniken, wobei zwischen den bodennahen Techniken, anders als häufig in der Literatur beschrieben, kaum gerichtete Unterschiede zu erkennen waren.

Um die Frage zu beantworten, inwieweit der beschriebene positive N-Ertragseffekt aufgrund geringerer gasförmiger Ammoniakverluste bei der Verwendung bodennaher Applikationstechniken durch eine vermeintliche Narbenschädigung geschmälert werden könnte, wurden die bodennahen Techniken auch ohne Gülle eingesetzt. Der Vergleich identisch mit Mineraldünger gedüngter Parzellen mit und ohne vorherigen Technikeinsatz hat gezeigt, dass bei gut eingestellter Ausbringtechnik ein rein technikbedingter negativer Einfluss hinsichtlich der Ertragsbildung ausgeschlossen werden konnte. Damit im Einklang sind die Boniturergebnisse zur Erhebung der Narbenschäden. Es konnten an allen Standorten nur unwesentliche Unterschiede zwischen den Mittlwerten der Varianten, bei denen die bodennahen Ausbringtechniken ohne Gülle eingesetzt wurden und den ausschließlich mineralisch gedüngten Vergleichsvarianten, festgestellt werden.
Einfluss der Vegetationsbedingungen
Um festzustellen, inwiefern die N-Erträge bei den verschiedenen Applikationstechniken von den Wachstumsbedingungen während der Vegetation nach der Gülledüngung beeinflusst wurden, wurden die N-Erträge der einzelnen Aufwüchse analysiert. Die Auswertungen zeigen, dass beim Einsatz der bodennahen Ausbringtechniken mit unverdünnter Gülle, sowohl bei günstigen (ausreichend Niederschlag) als auch bei ungünstigen Vegetationsbedingungen (Trockenstress) Mehrerträge gegenüber den beiden Breitverteilungstechniken erzielt wurden. Relativ gesehen lagen die Mehrerträge allerdings bei jeder getesteten Technik unabhängig von den Vegetationsbedingungen auf einem ähnlichen Niveau. Das bedeutet für die landwirtschaftliche Praxis, dass sich unabhängig von der Witterung, die bekanntermaßen nicht vorhersehbar ist, immer Ertragsvorteile beim Einsatz bodennaher Applikationstechniken erzielen lassen.
Einfluss des Einsatzzeitpunkts (Höhe des Pflanzenbestands) bodennaher Applikationstechniken
Hinsichtlich des Termins der Gülleapplikation (6-8 cm bzw. 10-15 cm Aufwuchshöhe) konnten bei den getesteten bodennahen Applikationstechniken keine signifikanten Ertragsunterschiede festgestellt werden. Hinter der Testung der späteren Termine stand die Frage, ob durch den längeren Pflanzenbestand höhere Erträge zu erwarten sind. Der spätere Termin wird häufig mit der Begründung empfohlen, dass eine stärkere Beschattung des abgelegten Güllebands zu niedrigeren Ammoniak-Verlusten führen würde.
Einfluss einer Gülleverdünnung mit Wasser
Die nur an einem Standort getestete Gülleverdünnung mit Wasser (1:1) hat bei keiner der getesteten Techniken zu signifikanten Mehrerträgen gegenüber der jeweils identischen Technik ohne Wasserverdünnung geführt. Während beim Einsatz des Schleppschuhs eine Gülleverdünnung zu einem tendenziell (nicht signifikant) höheren Ertrag führte, wurden bei der Verwendung von Schlitztechnik Mindererträge erzielt. Sofern nicht tiefer geschlitzt wurde, waren die Mindererträge sogar statistisch absicherbar. Eine mögliche Begründung hierfür ist, dass die doppelt so hohen Güllemengen bei verdünnter Gülle nicht annähernd vollständig in die gezogenen Schlitze injiziert werden konnten. Dadurch waren bei diesen Varianten wesentlich höhere Mengen der oberflächlichen Abgasung ausgesetzt als bei den Varianten ohne zusätzlicher Wasserzugabe. Die gewonnenen Ergebnisse bestätigen für trockene Standortbedingungen nicht den vielfach in der Literatur beschriebenen, auf Gasmessungen beruhenden, positiven Effekt einer Wasserverdünnung. Das Ergebnis könnte ein Hinweis darauf sein, dass unter vergleichsweise wärmeren und trockeneren Standortbedingungen die Vorteile hinsichtlich einer geringeren Ammoniakausgasung durch Gülleverdünnung möglicherweise eher gering sind.

Einfluss der Aufteilung der Güllejahresgabe
In den Versuchen wurde auch der Frage nachgegangen, wie die Jahres-Güllemenge am sinnvollsten unter den besonderen klimatischen Bedingungen (häufige Sommertrockenheit, geringe Niederschläge) aufzuteilen ist. Bei einer Nutzungsintensität von i. d. R. drei Schnitten wurde sowohl eine Aufteilung auf zwei als auch auf drei Gaben getestet. Eine Aufteilung der Gülle auf zwei Düngetermine, insbesondere zu den ersten beiden Aufwüchsen, führte unabhängig von der Ausbringtechnik im Mittel der Versuchsjahre zu den höchsten Erträgen. Demzufolge lässt sich für die Praxis für derartige Standorte folgern, dass hinsichtlich der N-Effizienz eine Verteilung auf zwei Gaben (zum 1. Aufwuchs im Frühjahr und zum 2. Aufwuchs) zu empfehlen ist.
Narbenschäden
Die bonitierten Narbenschäden lagen an allen Versuchsstandorten auf einem niedrigen Niveau. Die Auswertungen haben gezeigt, dass die Intensität der Narbenschäden nur von untergeordneter Rolle von der Variante beeinflusst wurde. Die wenigen signifikanten Unterschiede zwischen den Applikationstechniken lagen auf einem pflanzenbaulich unbedeutenden Niveau. Einfach auf den Punkt gebracht: Die Wahl der Applikationstechnik, der Einsatzzeitpunkt (Wuchshöhe 6 bis 8 bzw. 10 bis 15 cm) und der TS-Gehalt der eingesetzten Gülle hatten nahezu keinen Einfluss auf die Höhe des bonitierten Narbenschadens. Dies gilt unabhängig davon, auf wie viele Düngetermine die Jahresgabe aufgeteilt wurde.
Futterverschmutzung
Wenn es auch nicht primäres Ziel dieses Forschungsprojekts war, Aussagen zur Futterverschmutzung zu tätigen, konnten dennoch einige Erkenntnisse in Ergänzung zu den Projekten "Grashygiene" gewonnen werden.Im Hinblick auf die landwirtschaftliche Praxis kann festgehalten werden, dass die immer wieder diskutierten augenscheinlich festgestellten höheren Güllereste beim Einsatz bodennaher Ausbringtechniken für den Schleppschuh bestätigt werden konnten. Dies insbesondere dann, wenn die Düngung in den wachsenden Bestand (Wuchshöhe 10-15 cm) erfolgte. Allerdings liegen die vergleichsweise schlechteren Werte in einem, nach dem Boniturschema definierten, unbedenklichen Bereich. Ferner konnten mit der Bestimmung des Rohaschegehalts, als Parameter zur Bewertung der Futterverschmutzung, nahezu keine Unterschiede zwischen den Applikationstechniken festgestellt werden. Damit bestätigen die Ergebnisse die in den Projekten "Grashygiene" diesbezüglich festgestellten Zusammenhänge.
Projektbericht und Leitfaden
Projektinformation
Projektleitung: Dr. M. Diepolder
Projektbearbeitung: S. Raschbacher, J. Goppelt, B. Schmitt, F. Bleicher, D. Schmitt
Laufzeit: 2018 bis 2024
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Projektpartner: IAB, ILT, AVB, AQU, AELF, Versuchszentren Nordost und Nordwest, TUM, HSWT
Förderkennzeichen: A/18/21